Wahre Gleichberechtigung zwischen Eltern - wie sieht das aus?
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Eltern
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Paul Hänchen, Systemischer Coach für Persönlichkeitsentwicklung von Eltern. Seine Mission: Die Mutti-Falle besiegen und das Papa-Paradox auflösen. In diesem Beitrag bespricht er ob und wie die wahre Gleichberechtigung zwischen Eltern stattfinden kann.

Fangen wir mal grundsätzlich mit der Frage an, was Gleichberechtigung bedeutet. Folgt man der Rechtsprechung, dann ist der Begriff eindeutig. Alle Menschen haben dieselben Rechte und Chancen.

Was heißt das jetzt für uns in unserer Rolle als Eltern? Folgen wir weiter dieser Logik so haben beide Elternteile dasselbe Recht und dieselben Chancen auf Zeit mit ihren Kindern. Aus Rechten und Chancen folgen natürlich auch Pflichten. Gehen wir gleichberechtigt mit Rechten, Chancen und Pflichten in Bezug auf Zeit mit unseren Kindern um? Und in Bezug auf unserer individuellen Freizeit (Me-Time)? Und in Bezug auf unserer Zeit als Paar?

Richten wir den Blick nach innen

Auf vielen Social-Media Plattformen werden immer wieder Ideen und Forderungen laut, dass eine bessere Grundlage für die Gleichberechtigung zwischen Eltern notwendig ist. Dabei handelt es sich um Forderungen in Richtung Politik, Unternehmen und Institutionen. Viele dieser Argumente kann ich nachvollziehen und finde ich gut. Für einige kann ich mich nicht öffnen.

Diese externen Rahmenbedingungen sind essenziell und äußerst wichtig zu diskutieren. Die verstärkten lebhaften Diskussionen zum Thema Gleichberechtigung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind sehr wertvoll.

Heute möchte ich jedoch nicht darüber schreiben, sondern viel mehr den Blick nach innen wenden.

Habt ihr euch darüber ausgetauscht, was eure neuen Rollen bedeuten?

Innen bedeutet in diesem Fall, zwischen Mama und Papa (oder Papa und Papa oder Mama und Mama). Mit der Geburt unserer Kinder nehmen wir plötzlich eine neue Rolle ein. Diese neue Rolle verändert nicht nur sehr viel - meiner Meinung nach alles - für uns selbst als Individuum, sondern auch für unsere Beziehung. Hast du dich mit deiner Partnerin oder deinem Partner damals darüber ausgetauscht, wie ihr euch diese Rollenverteilung vorstellt? Was ihr jeweils dazu denkt und was das für eure Beziehung bedeutet?

Habt ihr euch darüber unterhalten, wer wann wieviel Elternzeit nimmt? Wer wann wieder wieviel arbeitet? Wer von euch welchen Anteil der care-time übernimmt?

Und jetzt mal Hand aufs Herz. Wie fair und gleichberechtigt habt ihr das diskutiert?

Es wäre großartig, wenn wir das alles so einfach besprechen würden. Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass das echt schwer möglich ist. Das aus einem einfachen Grund: Viele Sachen können wir uns einfach noch nicht vorstellen, bevor das Kind da ist. Und wenn die Kids dann da sind, bringt ihre eigene Persönlichkeit eine weiter Variable ins Spiel.

Erst als unsere Tochter dann auf der Welt war, haben plötzlich all diese Fragen für mich Sinn gemacht.

Da geht er los der Strudel

Und plötzlich sind wir mittendrin in einer Verunsicherung. Wie machen das Sebastian und Nina? Bei Hanna und Jakob sieht das so harmonisch aus? Lisa macht 3 Jahre Elternzeit und Stefan powert gleich wieder im Job los. Jakob bringt jeden Morgen die kleine Theresa, was für ein Papa. Kerstin hat schon nach 6 Monaten wieder angefangen zu arbeiten, Power Frau!

Für uns ist es extrem einfach, Referenzen zu suchen und Anschauungsexemplare von Familienmodellen zu finden. Dazu brauchen wir nicht einmal zwingend Social-Media Plattformen. Der Blick in unserem Freundes- und Bekanntenkreis reicht dafür völlig aus. Wem das nicht reicht, der befragt noch das vor Ratgebern überschäumende Regal in der Bibliothek oder Buchhandlung. Am Ende neigen wir dann doch noch dazu, die visuell perfekte gestylte Tipps von Instagram zu Rate zu ziehen. Und zack, da sind wir drin im Strudel.

Findet euer Familienmodell

Ich greif meine Einleitung hier noch einmal auf. Gleichberechtigung bedeutet dieselben Chancen, Rechte und Pflichten. In unserem Fall bezogen auf Zeit mit unseren Kindern. Was bedeutet das jetzt eigentlich? Ganz einfach, wir Eltern, egal ob Mama oder Papa, haben dieselben Chancen, Rechte und Pflichten auf Zeit mit unseren Kindern. Klingt logisch, oder?

Doch leben wir das eigentlich in unserer individuellen Beziehung? Legt Lisa ihre Chancen genauso aus wie Hanna? Versteht Stefan seine Pflichten genauso wie Sebastian? Vielleicht ja, vielleicht nein.

Jedes Paar hat sein individuelles Beziehungskonstrukt. Das macht es besonders. Das ist der Grund warum Beziehungen (meistens) erfolgreich funktionieren. Wie soll man also hier eine Blaupause über die Mamas und Papas stülpen? Wer wann wieviel Elternzeit nimmt, arbeitet, Fahrten zum Kindergarten macht, Wochenendausflüge organisiert, zum Sport geht…?

Hier kann jedes Paar nur für sich Gleichberechtigung definieren. Ich bin fest überzeugt, dass es keine Blaupause gibt. Wir alle haben unterschiedliche Bedürfnisse, sind durch unterschiedliche Werte geprägt, haben unterschiedliche Erfahrungen gemacht.

Findet euer Familienmodell. Findet euren Weg, eure Gleichberechtigung zu leben. Sprecht mit eurer Partnerin oder eurem Partner, um euer Modell zu finden. Dann könnt ihr für euch davon sprechen, eine wahre Gleichberechtigung zu leben.

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